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Olga Neuwirth. …miramondo multiplo…

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von Sandra Schwaighofer

 

Entwurf einer Gegenwelt zum Agambenschen „Ausnahmezustand“: In ihrem Versuch, dem Wesen des „Offenen“ nachzuspüren, verwandelt Olga Neuwirth in ihrer Klanginstallation …miramondo multiplo… reale Schauplätze in imaginäre Gedächtnisräume und verbindet diese zu verschiedenen Klang-Orten in einem Raum. Auf diese Weise schafft sie utopische Erinnerungsorte und eine Geografie von gewünschten oder unerwünschten Lebensräumen, die es in dieser Art gar nicht gibt.


In ihrer mehrstimmigen Installation entstehen irreale Hör-Bilder und kleine Szenen. Durch die Begegnung mit der Wirklichkeit und deren Einzeichnung in Neuwirths akustischen, utopischen, räumlich-entzeitlichten Zauberatlas entsteht eine Vielfalt von „Weltfragmenten“, ein dicht gewobenes Netzwerk an Texten (Hannah Arendts Original-Stimme und Walter Benjamin), deren Antipoden das „Offene“ (das Annähern an das Hörbarmachen des Akts des Komponierens am Videoscreen, die menschliche Stimme sowie das menschliche Denken) im Hölderlinschen Sinne und Agambens Ausnahmezustand sind.

 

Die verschiedenen, fragmentarischen Elemente gleichen Sternen; jeder Stern steht für sich, hat seinen fixen Platz am Atlas des Lebens, sie alle bilden in ihrer Gesamtheit jedoch eine Konstellation von Sternenbildern, die uns die Fragilität des Denkens und Schreibens der Künstlerin/des Künstlers in der Existenz und dem Schaffensprozess vor Augen führt. Doch sein Universum verliert sich nicht in Unendlichkeit. Sein „Zauber-Atlas“ ist durch ein aggressives „AUSSEN“ einer ständigen Möglichkeit der Zerstörung ausgesetzt. In der Installation verdeutlicht durch random ausgelöste tieffrequente „Störklänge”. Auf diese Art können – ja müssen förmlich – immer neue Raumklangbilder und Szenen entstehen, deren Sprengkraft aber wiederum in uns selbst liegt: Das Vielfältige, Individuelle, Kreative als Entscheidungsnotwendigkeit.

 

Ephemere, nicht greifbare (Glas-)Klänge umhüllen Kinderkörper, Federschrappen kratzen am Lack unserer Kunstwelten. Als letzte Geste bleibt die befreite Trompete allein – die Schreibfeder verliert sich in utopische Welten.

 

Text: Sandra Schwaighofer

 

Filmstill …miramondo multiplo… (Courtesy Galerie Charim und documenta12)

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